Die Partikeltherapie am Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum (MIT)

Krebs befällt jährlich tausende Menschen: 500.000 Krebsneuerkrankungen beziffern Fachleute für 2020 in Deutschland. Und doch: Bei richtiger Therapie weisen viele Krebserkrankungen hohe Heilungschancen auf. Das Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum (MIT) bietet Tumorpatienten seit 2015 eine schonende Alternativtherapie zur herkömmlichen Strahlentherapie (Röntgenstrahlung) an: die Partikeltherapie. Dank ihr erzielen die Ärzte dort sensationelle Erfolge – so auch bei Harald Thamm.

Partikeltherapie im Marburger-Ionenstrahl-Therapiezentrum (MIT)
Die Partikeltherapie am Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum (MIT) hat sich in den letzten Jahren im Kampf gegen Tumore als eine sehr gute Behandlungsoption für Krebskranke etabliert, auch weil die Nebenwirkungen vergleichsweise gering sind. (Foto: MIT/UKGM)

Eine Routineuntersuchung beim Zahnarzt veränderte sein Leben drastisch. Zufällig diagnostizierten die Ärzte einen Gaumentumor in der Größe eines Golfballs. An dieser heiklen Körperstelle musste schnell eine schwere Entscheidung getroffen werden: operieren oder bestrahlen? Die Entscheidung fiel zugunsten einer Partikeltherapie am MIT (Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum).

Der Vorteil der Partikeltherapie: Der Strahl wird millimetergenau auf das Tumorgewebe ausgerichtet. Die Teilchen werden so beschleunigt, dass sie ihre Wirkung in der vorbestimmten Tiefe, also im Tumor, präzise abgeben. Umliegendes Gewebe bleibt so überwiegend geschont. Diese Eigenschaft spielt eine besondere Rolle bei Tumoren, die neben hoch strahlensensiblen Organstrukturen liegen.

Was passiert bei der Partikeltherapie am MIT?

Bei der “herkömmlichen” Photonenbestrahlung wird der Tumor mit Lichtpartikeln bestrahlt. Diese bestehen zumeist aus Röntgenstrahlung. Anders bei der Partikeltherapie: Hier kommen Protonen und Schwerionen für die Bestrahlung zum Einsatz. Diese Art der Bestrahlung löst bei den Tumorzellen einen Schaden in der DNA aus. Bei erfolgreicher Therapie, führt das dann zu einem Absterben dieser Zellen. Mithilfe der Partikeltherapie ist es möglich – im Gegensatz zu anderen Therapieformen –  durch die hohe Präzision der elektrischen Teilchen und gleichzeitig hoher Strahlendosis, umliegendes Gewebe zu schonen. Je nach Krankheitsbild kann die Partikeltherapie entweder als alleinige Behandlung oder – ergänzend zur Photonentherapie – als sogenannte “Boost-Therapie” erfolgen. Auch die Kombination mit einer Operation oder medikamentöser Behandlung ist möglich. 

MIT in Marburg: Modernste Technik trifft Medizin

Präziser, effektiver, schonender: Die Partikeltherapie hat sich in den letzten Jahren im Kampf gegen Tumore als eine sehr gute Behandlungsoption für Krebskranke etabliert, auch weil die Nebenwirkungen vergleichsweise gering sind. Insbesondere für Kinder ist dieser Therapieansatz interessant, da so Langzeitnebenwirkungen wie Wachstums- und Entwicklungsdefizite vermieden werden können.

Partikeltherapieanlagen, die auch über die Technik der Kohlenstoffionen-Therapie verfügen, wie sie das Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum anbietet, gibt es deutschlandweit nur zweimal. Am MIT werden für die Strahlentherapie je nach Krebsart Protonen (Wasserstoff-Atome) oder Schwerionen (KohlenstoffAtome) eingesetzt. Die letztlich für eine Behandlung notwendige Teilchenenergie wird in einem Teilchenbeschleuniger, einem Synchrotron mit etwa 22 m Durchmesser, erreicht. Hier werden die Ionen mithilfe von Magneten auf bis zu 75% der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt, bevor sie in den jeweiligen Behandlungsraum zum Patienten umgeleitet werden.

Gebäudegrafik des Marburger-Ionenstrahl-Therapiezentrum (MIT)
Die Gebäudegrafik des MIT zeigt den Grundriss des Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrums. Im Synchrotron werden die Ionen mit Hilfe von Magneten auf bis zu 75% der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. (Foto: MIT/UKGM)

Krebsfrei dank Partikeltherapie!

Harald Thamm hatte Glück. Er überlebte dank der Partikeltherapie. Angesichts der Größe und der Lage des Tumors, mussten die Ärzte sofort handeln und schnell stand fest: Der Tumor sollte nicht in einer enorm aufwändigen Operation herausgeschnitten werden bei der Gewebe aus dem Oberschenkel entnommen wird, um den Gaumen zu rekonstruieren. Wochenlang hätte Thamm dann künstlich ernährt werden und auch das Sprechen neu lernen müssen. Gemeinsam mit seinen Ärzten entschied Thamm, den Tumor am Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum bestrahlen zu lassen. Er war dort einer der ersten Patienten.

Krebsneuerkrankungen beziffern Fachleute für 2020 in Deutschland.
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Im Rahmen einer interdisziplinären Tumorkonferenz unter der Leitung von Prof. Dr. Rita Engenhart-Cabillic, Direktorin Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie UKGM und medizinische Direktorin des MIT, wird jeder Patient am Universitätsklinikum Gießen und Marburg vorgestellt und besprochen. Alle Fachbereiche des Klinikums sind dabei vertreten, sodass eine maximale fachliche Kompetenz dem Patienten zur Verfügung gestellt werden kann. Je nach Art, Größe und Lage des Tumors wird auf der Tumorkonferenz der Therapieverlauf festgelegt.

Für Harald Thamm war die Behandlung ein Erfolg: Mithilfe der Kohlenstoff-Ionentherapie retteten die Ärzte nicht nur sein Leben, sondern ersparten ihm so auch wochenlange Schmerzen und einen lang andauernden Rehabilitationsprozess. Gespürt habe er bei der Bestrahlung nichts, auch Nebenwirkungen traten kaum auf. Die Bestrahlung schlug an, Thamm ist nun schon seit drei Jahren krebsfrei.

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Außenbereich des Marburger-Ionenstrahl-Therapiezentrums (MIT)
Partikeltherapieanlagen, die auch über die Technik der Kohlenstoffionen-Therapie verfügen, wie sie das Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum anbietet, gibt es deutschlandweit nur zweimal. (Foto: MIT/UKGM)

Firmenporträt

Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum (MIT)

Das Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum (MIT) stellt eine innovative Technologie zur Behandlung von Tumoren zur Verfügung. Seit 2015 werden hier Patienten behandelt. Zur Bestrahlung verwenden die Ärzte geladene Ionen statt der sonst in der Strahlentherapie genutzten üblichen Photonen. Mit dem Vorteil: Schwer erreichbare Tumore können präzise bestrahlt werden. Die Protonen und Ionen schädigen zudem nicht umliegende Organe wie z.B Lunge oder Herz. 

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