Gegen Corona hilft auch Innovation

Weltweit stemmen sich Mediziner mit allen Mitteln gegen die Bedrohung durch Corona: Forscher und Entwickler arbeiten an Lösungen, um die Covid-19-Pandemie einzudämmen – und Patienten zu behandeln. Auch Innovationen der Medizintechnik aus Mittelhessen tragen dazu bei.

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie ist Querdenken und Innovation gefragt. Credit: Natali_ Mis/shutterstock.com

Rund um den Globus fehlen geeignete Beatmungsgeräte, um gleichzeitig viele schwere Covid-19-Fälle zu versorgen. Jetzt hat ein Team der Philipps-Universität Marburg und des Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UKGM) in sehr kurzer Zeit zwei Konzepte für einfache Beatmungsgeräte entwickelt. Der große Vorteil: Die Geräte lassen sich schnell und relativ preisgünstig herstellen. Damit schaffen sie Kapazitäten in Kliniken, die nicht mehr über ausreichend reguläre Beatmungsplätze verfügen.

Ideengeber für das erste Konzept ist das Schlafmedizinische Zentrum in Marburg und deren Behandlungsansatz von Schlafapnoe. Das so genannte CPAP (Continuous Positive Airway Pressure)-Gerät ist bereits in vielen privaten Haushalten vorhanden. Das Marburger Team um den Physiker Prof. Dr. Martin Koch hat jetzt die CPAP-Geräte mit Bauteilen für rund 50 Euro so erweitert, dass sie zur künstlichen Beatmung eingesetzt werden können. Geeignet sind die Geräte für Menschen, die bereits auf dem Weg der Genesung sind und weniger intensiv beatmet werden müssen. Denn die modifizierten CPAP-Geräte sind nicht so leistungsfähig wie professionelle Beatmungsgeräte. Für die Erstversorgung von akuten, schweren Corona-Erkrankten mit starker Atemnot sind sie daher nicht geeignet. Für solche Fälle müssen klinische Beatmungsgeräte eingesetzt werden. Durch den Einsatz der modifizierten Geräte können aber klinische Beatmungsplätze wieder für akute Fälle frei gemacht werden. Erste Prototypen laufen bereits und wurden von einschlägigen Medizinerinnen und Medizinern des Universitätsklinikums Marburg sehr positiv beurteilt. Die Eisengießerei Fritz Winter in Stadtallendorf wird eine erste Kleinserie in ihrer Ausbildungswerkstatt bauen.

Schnelle Hilfe mit Beatmungsbeuteln

Für Länder, in denen CPAP-Geräte nicht verbreitet sind, entwickelt das Team derzeit als zweiten Ansatz einfache Geräte auf der Basis von so genannten „Ambu Bags“. Diese „Ambu Bags“ oder Beatmungsbeutel werden in der Ersten Hilfe zur Erstversorgung eingesetzt und sind in großer Stückzahl preisgünstig verfügbar. Sie bestehen aus einer Maske, die auf das Gesicht gedrückt wird, und einem komprimierbaren Beutel, der mit der Hand in regelmäßigen Abständen zur Beatmung zusammengedrückt wird. Das Team entwickelt nun mechanische Apparaturen, die die Beutel periodisch zusammendrücken. Die Experten wollen alle technischen Informationen und Bauanleitungen öffentlich verfügbar machen und damit die Möglichkeit schaffen, dass die Geräte weltweit in größeren Stückzahlen nachgebaut werden können. „Unsere Oberärzte bestätigen, dass man die entwickelten Geräte als ‘last line of defense‘ zur Beatmung einsetzen würde, wenn man keine andere Möglichkeit mehr hätte“, sagt Prof. Dr. Harald Renz, ärztlicher Geschäftsführer des Marburger Universitätsklinikums.

Biotech für schnellere Tests

Der Kampf gegen das Corona-Virus wird aber auch durch Innovationen einer kleinen Firma aus dem Gießener Europaviertel unterstützt: Mit kleinen Streifen aus Papier, die nicht viel größer als ein Streichholz sind, will Milenia Biotec GmbH seinen Beitrag gegen die Covid-19-Pandemie leisten. Das Unternehmen hat die Schnelltests bereits 2003 entwickelt. Damit sei eine Vielzahl an Nachweisen möglich: Schwangerschaften, Keime in Getränken – aber eben auch das Corona-Virus. Und je schneller eine Infektion nachgewiesen werden kann, umso schneller können diese Patienten isoliert werden. Aber die Firma produziert keine fertigen Corona-Tests. Die Streifen sind vielmehr ein Werkzeug, aus dem Experten unterschiedliche Tests entwickeln können. „Die Kunden brauchen dafür natürlich Know-how. Aber wenn sie die Basis für Virustests schon entwickelt haben, ist die Anpassung auf Corona mit überschaubarem Aufwand machbar“, sagt Dr. Ralf Dostatni, Geschäftsführer der Milenia Biotec GmbH im Interview mit der Gießener Allgemeinen Zeitung.

“Die Beispiele beweisen, wie eng vernetzt Wirtschaft und Wissenschaft in Mittelhessen im Bereich Healthcare agieren – und das die Zusammenarbeit wichtige Innovationen auch im Kampf gegen Corona forcieren kann”, erklärt Jens Ihle, Geschäftsführer Regionalmanagement Mittelhessen. In enger Abstimmung mit Politik, Wirtschaft und Forschung versuchen er und sein Team Kooperationen zu Healthcare in Mittelhessen zu forcieren – nicht nur dann, aber gerade im Zeichen von Corona ein wichtiger, zukunftsweisender Beitrag für die Region.

Schreibe einen Kommentar