Ein europäisches Forschungsteam arbeitet an der Entwicklung antiviraler Breitbandmedikamente, um künftige Pandemien effektiver zu bekämpfen. Mit Beteiligung der Philipps-Universität Marburg soll das Projekt dazu beitragen, virale Infektionen frühzeitig einzudämmen und den Schutz der Bevölkerung zu verbessern.
Ein innovativer Ansatz zur Pandemievorsorge
Pandemien stellen eine ernste Bedrohung für die globale Gesundheit und Wirtschaft dar. Während Impfstoffe eine essenzielle Rolle spielen, vergehen oft Monate bis zu ihrer Verfügbarkeit. Breitbandmedikamente könnten dagegen sofort eingesetzt werden und die Verbreitung neuer Viren frühzeitig verhindern. Anders als bei bakteriellen Infektionen, für die zahlreiche Antibiotika existieren, gibt es bislang kaum vergleichbare antivirale Mittel.
Hier setzt das von der EU geförderte Forschungsprojekt „Vigilant“ an, das unter der Leitung des Deutschen Primatenzentrums – Leibniz-Institut für Primatenforschung durchgeführt wird. Mit einer Fördersumme von 7,5 Millionen Euro über vier Jahre bringt das Projekt führende Forschende verschiedener Disziplinen zusammen. Die Philipps-Universität Marburg ist mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Prof. Dr. Eva Friebertshäuser vom Institut für Virologie und Prof. Dr. Torsten Steinmetzer vom Institut für Pharmazeutische Chemie vertreten. Ihr Teilprojekt erhält eine Förderung in Höhe von 2,05 Millionen Euro.

Herausforderung: Die nächste Viruswelle effektiv eindämmen
Die Erfahrungen mit COVID-19 haben verdeutlicht, wie entscheidend schnelle medizinische Reaktionen sind. Da herkömmliche antivirale Medikamente oft nur gegen spezifische Viren wirken, wird ein neuer Ansatz benötigt, der eine breitere Abdeckung bietet. Eine ideale Lösung wären Wirkstoffe, die bereits bei ersten Ausbrüchen eingesetzt werden können und sowohl vorbeugend als auch therapeutisch wirken.
Forschungsschwerpunkt: Hemmung viraler Hüllproteine
Das Ziel von „Vigilant“ ist die Entwicklung von Medikamenten, die eine breite antivirale Wirkung haben. Die Forschung konzentriert sich dabei auf virale Hüllproteine, die Viren für den Eintritt in Wirtszellen nutzen. Gelingt es, diesen Mechanismus zu blockieren, könnte die Ausbreitung des Virus im Körper gestoppt werden. Da viele Viren ähnliche Mechanismen verwenden, könnten diese Inhibitoren gegen eine Vielzahl von Erregern wirken.
Die entwickelten Substanzen werden zunächst in Zellkulturen getestet, anschließend erfolgen Versuche mit Mäusen, Frettchen und Affen, um die Wirksamkeit und Sicherheit weiter zu evaluieren. Ziel ist es, eine solide Grundlage für spätere klinische Studien zu schaffen.

Vorbereitung auf den medizinischen Einsatz
„Vigilant“ untersucht gezielt zelluläre Faktoren, die für die Aktivierung zahlreicher behüllter Viren essenziell sind. Dazu gehören bestimmte Proteasen wie Furin und Cathepsine sowie das Translokon Sec61. Die Forschenden entwickeln neue Wirkstoffe und optimieren bereits bekannte Substanzen, um ihre Sicherheit und Effektivität weiter zu verbessern. Mithilfe modernster Zell- und Tiermodelle werden sie auf ihre potenzielle Nutzung in der klinischen Praxis vorbereitet.
„Mit Vigilant schaffen wir die Grundlage für neue antivirale Medikamente, die künftige Pandemien effizienter eindämmen können“, erklärt Prof. Dr. Stefan Pöhlmann, der das Projekt koordiniert und die Abteilung Infektionsbiologie am Deutschen Primatenzentrum leitet.
Dieses Forschungsprojekt könnte eine entscheidende Lücke in der medizinischen Vorsorge schließen und dazu beitragen, die Welt besser auf künftige pandemische Bedrohungen vorzubereiten.
Quelle: Pressemitteilung des Deutschen Primatenzentrums Göttingen