Ebola: Im Kampf gegen globale Virus-Epidemien

Wenn irgendwo auf der Welt ein gefährliches Virus, wie Ebola,  ausbricht, wird die Zeit zum Handeln knapp. Um schnell und effektiv auf solche Krisen reagieren zu können, forscht die Marburger Wissenschaftlerin Dr. Nadine Biedenkopf an wirksamen Gegenmitteln. Besonders der Naturstoff Silvestrol macht Hoffnung.

Ebolavirus Epidemien
Das Ebolavirus gilt als eines der gefährlichsten Viren der Welt. Bisher gibt es noch kein wirksames Heilmittel dagegen. Nun fanden Forscher ein antivirales Mittel mit Breitbandwirkung, das vielversprechende Erfolge erzielt. (Credit: science photo / shutterstock.com)

Schleichend aber mit tödlicher Wucht bricht sich das Drama Bahn: Meist beginnt es mit einzelnen Patienten. Deren Symptome verschlechtern sich rapide. Dann häufen sich Meldungen ähnlicher Fälle im näheren Umkreis. Schließlich überrollt die virale Infektion ganze Regionen, Länder und macht auch an Grenzen nicht halt. So geschehen im Sommer 2014: In mehreren westafrikanischen Staaten infizierte das Ebolavirus in wenigen Monaten tausende Menschen. Und die Welle ergreift schnell auch andere Teile der Welt: Meldungen von Patienten mit Ebolafieber tauchen überall auf. Auf dem Höhepunkt der Epidemie werden sogar einzelne Fälle in den USA, Spanien und Italien bekannt. Infizierte Reisende und Helfer hatten das Virus eingeschleppt. Im August 2014 schlägt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Alarm und ruft einen globalen Gesundheitsnotstand aus. Erst im August 2015 erklären die WHO-Experten diesen für beendet – mit einer schaurigen Bilanz: 28.000 infizierte Menschen und 11.000 Tote innerhalb eines Jahres.

Menschen starben 2015 in Westafrika im Zuge einer Ebolafieber-Epidemie.
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weitere Menschen infizierten sich mit dem Virus.
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Erforschung von Viren
Am Marburger Institut für Virologie forscht ein Team von Wissenschaftlern an einem Breitbandmittel gegen gefährliche Filoviren. Dazu zählt auch das Ebolavirus. Damit könnte man zukünftig Epidemien stoppen.

Gesucht: Ein Breitbandmittel gegen lebensgefährliche Viren

Damit solche Epidemien schneller eingedämmt werden oder gar nicht erst ausbrechen, forscht ein rund 20-köpfiges Wissenschaftlerteam um Prof. Stephan Becker am virologischen Institut der Philipps-Universität Marburg an neuen Wirkstoffen. Auch die Virusexpertin Dr. Nadine Biedenkopf ist Teil des Teams: „Ich will helfen, solche Katastrophen wie die Ebolakrise von 2014 zu verhindern.“ Für die Forscher markiert der Ausbruch des Ebolafiebers 2014 in Westafrika ein einschneidendes Erlebnis: „Gefühlt war es zunächst einmal wie eine Niederlage. Wir hatten jahrelang in Sachen Ebolavirus gearbeitet und wir haben es dann trotzdem nicht geschafft, den Ausbruch zu verhindern“, erklärt Prof. Stephan Becker. Das Problem: „Bislang gibt es kein Heilmittel gegen den Erreger“, so Becker. Wenn es nach den Marburger Forschern geht, soll sich das aber so schnell wie möglich ändern.

Doch dazu müssen die Forscher eine große Herausforderung meistern: „Wir wissen nicht, wann sie auftreten und mit welchem Ausmaß sie auftreten, geschweige denn welcher Erreger die Ursache ist. Gerade deswegen ist es wichtig, Mittel mit einer antiviralen Breitbandwirkung zu entwickeln, die sich nicht gezielt gegen ein spezielles Virus richten, sondern gegen die Mechanismen, die viele Viren gleichzeitig nutzen“, erklärt Virusexpertin Biedenkopf. 

Dr. Nadine Biedenkopf
Dr. Biedenkopf konnte mit dem Naturstoff Silvestrol Erfolge im Kampf gegen gefährliche Viren erzielen.

Ein erster großer Erfolg ist der 37-jährigen Humanbiologin mit der Erforschung eines Naturstoffes namens Silvestrol gelungen. Auf Initiative von Prof. Arnold Grünweller vom pharmazeutischen Institut der Philipps-Universität untersuchte Biedenkopf die antivirale Wirkung von Silvestrol. Dieser Auszug aus dem asiatischen Mahagonigewächs Aglaia foveolata hemmt die Produktion und Vermehrung von Proteinen des Ebolavirus. Der entscheidende Vorteil: Der Naturstoff ist breit anwendbar. Es kann gleich mehrere unterschiedliche Viren bekämpfen, die nicht miteinander verwandt sind, aber einen gemeinsamen Nenner haben: „Sie nutzen den gleichen Mechanismus für ihre Vermehrung“, so Biedenkopf. Für ihren spektakulären Fund erhielt Dr. Nadine Biedenkopf bereits 2017 den Marburger Biotechnologie- und Nanotechnologie-Förderpreis. Sollten sich die Hoffnungen bestätigen, könnte mit der Entdeckung von Silvestrol ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Entwicklung eines Heilmittels gelungen sein, das bereits bei Ausbruch einer Krise die Ausbreitung des Virus stoppen kann.

Gefragt: Politische Unterstützung für die Entwicklung antiviraler Mittel

Aber bis zur endgültigen Marktreife des Produkts ist der Weg allerdings noch weit: „Während die Grundlagenforschung an den Universitäten durch öffentliche Gelder finanziert wird, ist der Übergang in die klinische Forschung sehr teuer“, so Biedenkopf. Die Entwicklungskosten für solche Medikamente sind hoch und für Pharmafirmen meist nicht wirtschaftlich. Aber auch die afrikanischen Länder können den Preis nicht zahlen. Biedenkopf fordert deshalb politische Unterstützung: „Die Politik muss stärker Verantwortung übernehmen und Strategien aufstellen, damit antivirale Mittel mit Breitbandwirkung so weit entwickelt werden können, dass sie im Ausbruchsfall angewendet werden können.“

Das wissenschaftliche Know-how und die technische Ausstattung dafür sind in Marburg bereits vorhanden. Das virologische Institut der Philipps-Universität Marburg verfügt über eines von weltweit etwa 20 Hochsicherheitslaboren, das für die Erforschung hochpathogener Erreger, wie dem Ebolavirus, ideale Voraussetzungen bietet. So waren die Marburger Virologen bereits in der Krise 2014 maßgeblich an der Entwicklung des rettenden Impfstoffs beteiligt, der schließlich zur erfolgreichen Eindämmung der Ebolakrise führte. 

Die Konsequenzen, die in Marburg aus der Krise gezogen wurden, haben die Arbeit der Forscher entscheidend verändert: „Wir legen jetzt einen stärkeren Schwerpunkt auf die angewandte Forschung“, sagt Prof. Stephan Becker. Denn: „Ist die Krise erst einmal da, ist es für die Entwicklung wirksamer Gegenmittel eigentlich viel zu spät“, so Becker. Jeder Tag, den die Forscher dann brauchen, um ein geeignetes Mittel auf den Markt zu bringen, kostet Menschenleben. Nadine Biedenkopf will nun an ihre bisherigen Erfolge anknüpfen: Als nächsten Schritt plant sie präklinische Studien, um die Nebenwirkung von Silvestrol zu testen – und um langfristig viele Leben zu retten.

Ebola – ein lebensgefährliches Virus

Ebola, auch bekannt als Ebolafieber, ist eine lebensgefährliche Virus-Erkrankung. Die Übertragung erfolgt über den direkten Kontakt mit Blut, Körperflüssigkeiten und Organen von infizierten Menschen. In 25 bis 80 Prozent der Fälle verläuft die Krankheit tödlich. Als Symptome treten zu Beginn grippeähnliche Beschwerden auf, gefolgt von Erbrechen und Durchfall und Blutungen. Ein Impfstoff ist derzeit in der Entwicklung, doch bislang gibt es keine gezielte Behandlung. 

Erstmals brach Ebola 1976 in der Demokratischen Republik Kongo aus. Die meisten Menschen, die damit in Berührung kamen, starben. Seitdem trat die Epidemie in mehreren afrikanischen Ländern auf. Im Dezember 2013 brach Ebola in Guinea aus. Von dort breitete sich die Krankheit großflächig in Westafrika aus, zum Beispiel in Liberia und Sierra Leone. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rief einen weltweiten Gesundheitsnotstand aus. Bei dem Ausbruch starben laut WHO über 11.300 Menschen. Es handelt sich um den größten bekannten Ebola-Ausbruch. 2018 brach der Ebola-Virus erneut in der Demokratischen Republik Kongo aus – mit über 2.500 Infizierten und 1.600 Todesfällen bisher. Die WHO rief erneut einen internationalen Gesundheitsnotstand aus.

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