Hoffnung bei schweren Coronavirus Verläufen: Krebsmedikament kann Lungenversagen heilen

Ein Forscherteam der Universität Marburg hat erfolgreich das Krebsmedikament Ruxolitinib bei einer 65-jährigen Patientin angewendet, die nach Coronavirusinfektion an akutem Lungenversagen litt. Diese Ergebnisse sehen vielversprechend für die Behandlung von Patienten mit schweren Coronavirus Verläufen aus.

(Credit: Mongkolchon Akesin / shutterstock)

In den meisten Fällen läuft die Infektion mit dem Coronavirus  SARS-CoV-2 nur mit milden Atemwegssymptomen ab. Allerdings bei etwa fünf Prozent der Patienten kommt es zu schweren Coronavirus Verläufen bis hin zum Lungenversagen. In diesen Fällen ist die Sterblichkeitsrate hoch und es gibt noch kein Heilmittel, das die Überreaktion der körpereigenen Abwehr, den sogenannten Zytokinsturm, aufhalten kann.

Ruxolitinib kann den Zytokinsturm aufhalten

Das Team um den Onkologen Professor Dr. Andreas Neubauer an der Universität Marburg hat zum ersten Mal das Krebsmedikament Ruxolitinib bei der Behandlung einer 65-jährigen Patientin eingesetzt, die auf Grund einer SARS-CoV-2 Infektion künstlich beatmet werden musste. Die Patientin war wegen Atemnot und Fieber in die Klinik eingeliefert und ihr Zustand hatte sich bis hin zum Lungenversagen sehr schnell verschlechtert. Das Forscherteam vermutete, dass die Patientin auf das Krebsmedikament Ruxolitinib ansprechen könnte. Dieser Wirkstoff wird normalerweise eingesetzt, um Enzyme in unserem Körper zu hemmen, die für überschießende entzündliche Reaktionen verantwortlich sind. Im Falle eines schweren Coronavirus Verlaufs führen diese Überreaktionen letztendlich zu irreparablen Schädigungen des Lungengewebes. Die Entscheidung fiel dem Behandlungsteam nicht einfach. Es gab keine Garantie, dass die theoretische Überlegungen auch in der Praxis wirksam sein würden. Tatsächlich gab ihnen der weitere klinische Verlauf der Patientin recht. Nach der Verabreichung von Ruxolitinib verbesserte sich ihr Zustand rasch, Atmung und Herzfunktion normalisierten sich und vom zehnten Tag ihres Klinikaufenthalts an konnte sie schrittweise vom Beatmungsgerät entwöhnt werden.

Der Marburger Erfolg soll in einer klinischen Studie überprüft werden

Dieser Behandlungserfolg ist kein Einzelfall: auch andere Patienten mit schweren Coronavirus Verläufen in Marburg und im Schwarzwald-Baar-Klinikum , nahe Freiburg, profitieren von der Ruxolitinib-Gabe. Der zeitliche Zusammenhang zwischen Medikamentengabe und klinischer Verbesserung war bei diesen Patienten sehr eng. Deswegen gehen die Wissenschaftler davon aus, dass die Hemmung der entzündlichen Überreaktion eine positive Auswirkung auf den klinischen Verlauf haben könnte. Um diese Vermutung zu bestätigen, genehmigte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine klinische Studie, in der die Wirkung von Ruxolitinib bei COVID-19-assoziierten Lungenversagen weiter untersucht werden soll.

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