Pflanzenbasierter Lack gegen Corona-Viren

Das Gießener Unternehmen Munditia Technologies GmbH hat eine antivirale und antibakterielle Oberflächenbeschichtung mit Langzeitwirkung entwickelt, die SARS-CoV-2 Viren abtötet. Der pflanzenbasierte Lack lässt sich auf Oberflächen aus Holz, Metall, Kunststoff, Textilien, Vliesstoffe und Papier auftragen – die Entwicklung könnte weltweit ein Durchbruch für Hygienemaßnahmen gegen die Corona-Pandemie sein.

Desinfektion ist das Gebot der Stunde: Wenn Lichtschalter, Türklinken, Theken, Wände oder Böden dauerhaft von Keimen und Viren freigehalten werden könnten, würde das bei der Eindämmung der Covid-19-Pandemie helfen. Aber die Desinfektion von Oberflächen durch manuelle Reinigung ist mühselig und nicht dauerhaft. Nach einiger Zeit hat sich das Desinfektionsmittel verflüchtigt und die Mikroorganismen kehren zurück.

Dieses Problem will Dr. Klaus Schepers, Geschäftsführer der Munditia Technologies GmbH, jetzt mit einem neuen antiviralen Lack aus der Welt schaffen. Diese Art Schutzschild für Oberflächen wirkt dauerhaft antimikrobiell gegen Viren, Bakterien, und Pilze. „Vor einigen Wochen haben wir die Wirkung meiner Produkte auf Corona-Viren testen lassen“, sagt Schepers. Ein unabhängiges Hygiene-Labor attestierte eine Virusreduktion von mehr als 99,99 Prozent und damit eine „sehr überzeugende Wirksamkeit.“

So wirkt die antivirale Oberflächenbeschichtung

Der mittelhessische Unternehmer greift für seinen Lack auf die Wunder der Natur zurück: Pflanzen haben sich offensichtlich im Laufe der Evolution einen speziellen Schutz gegen Mikroorganismen zugelegt. Es ist eine rein physikalische Wirkweise: Die Oberfläche durchdringt die äußeren Membranen des Virus oder des Bakteriums. In der Folge sterben diese auf der Oberfläche ab. Was bleibt, ist eine dauerhafte Desinfektion der Oberfläche.

Schepers hat diesen Mechanismus als Technologie nutzbar gemacht. Der Schutz kann auf Oberflächen und einer Vielzahl von Materialien, von Holz über Metall, Kunststoff bis Textilien, Vliesstoffe oder Papier aufgebracht werden. Die Schutzschicht bleibt dauerhaft erhalten und wird letztendlich nur durch Berührung oder Reibung mechanisch langsam abgetragen. Es kann Monate dauern, bis man gegen den Verschleiß eine neue Schicht auftragen muss. Um das zu kontrollieren, gibt es eine clevere Lösung: „Wir haben in unsere Produkte einen UV-Marker eingebaut“, erläutert Schepers. Mit einer einfachen Schwarzlichtlampe lässt sich so überprüfen, ob die Beschichtung noch intakt ist.

Nicht nur im Bereich der Krankenhaushygiene ist der Lack eine echte Revolution.

Antiviraler Lack hilft im globalen Kampf gegen Corona

Die Nachfrage ist bereits groß: „Die Produktionskapazitäten lassen sich schnell erweitern und die Rohstoffe sind in großen Mengen verfügbar, alle Signale der Vorlieferanten sind trotz Corona-Krise positiv“, sagt Schepers. Hergestellt werden am Standort Gießen, bislang bis zu 1.500 Tonnen pro Jahr. „Die können wir aber kurzfristig erweitern und in sehr großen Mengen ausrollen.“ Es gibt bereits Anfragen aus China wegen einer Lizenzproduktion des patentierten Produkts.

Seit fünf Jahren arbeitet Schepers an selbstreinigenden Oberflächen für Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen, für die keine Chemikalien gebraucht werden. Der Grundgedanke seines Unternehmens richtete sich zunächst auf den großen Bereich der Krankenhaushygiene und den Kampf gegen multiresistente Keime. Nach der Entdeckung vor rund fünf Jahren gab es zunächst eine stille Phase, in der der Chemiker seine Entdeckung patentieren ließ. Nun ist sein Produkt bereit, um auch in der noch nie dagewesenen Krise zu helfen. Da der Lack auch gegen das Corona-Virus hilft, bietet sich die Chance bundesweit, ja weltweit entscheidende Erfolge im Kampf gegen das Virus zu erzielen.

Langanhaltender Schutz ohne Resistenz-Gefahr

Im Moment richtet sich der Blick natürlich auf den Einsatz gegen Corona, doch Munditech kann seine Produkte noch vielfältiger einbringen: bei Lebensmittelverpackungen, Tapeten und Wandverkleidungen. „Die Wirkung ist langanhaltend beziehungsweise nahezu permanent und durch die rein physikalische Wirkung kann sich auch keine Resistenz bilden“, erklärt Schepers. Das sei auf den patentierten Wirkungsmechanismus zurückzuführen. „Etwas Vergleichbares gibt es nicht“, sagt der Naturwissenschaftler.

Eine mittelhessische Erfolgsgeschichte

Zunächst als Untermieter im Technologie- und Innovationszentrum im Europaviertel in Gießen gestartet nahm Munditech in 2018 am Accelerator Programm der Firma Merck in Darmstadt teil, ausgewählt als eines unter mehr als 400 Startup Unternehmen weltweit. Aktuell wird Munditech von der Firma Johannes Hübner als Partner sowie von dem Regionalmanagement Mittelhessen und der hessischen Wirtschaftsförderung dabei unterstützt, Kontakte herzustellen, sich auf dem Markt zu positionieren und sich mit potentiellen Partnern und Kunden zu vernetzen. „Munditech ist ein sehr gutes Beispiel dafür, dass die Kette der Wirtschaftsförderung bei uns bestens funktioniert“, sagt Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich. Mittelhessen sei wegen der zentralen Lage im Herzen Deutschlands, einer soliden Infrastruktur sowie der Forschungs- und Wirtschaftsstärke der Region für Startups nachvollziehbar attraktiv.

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