„Die Erwartungshaltung im Gesundheitswesen virtuell zu kollaborieren und auszubilden steigt“

Corona hat auch den Kundenservice im Gesundheitswesen verändert. Auch Medizintechnikunternehmen müssen noch digitaler werden. Dr. Thomas Borchert, Global Head of Education for Point of Care, Molecular Diagnostics, and Diagnostic Informatics bei Siemens Healthcare GmbH in Eschborn, erklärt im Interview, was wir aus der Corona-Krise über Kundenbindung im Healthcare-Bereich lernen können und wie digitale Transformation die Ausbildung verändert.

(Foto: Siemens Healthineers)

Welche Lehren ziehen Sie aus der Covid-19-Pandemie für die Zukunft im Kundenservice?

Dr. Thomas Borchert: Auch während der Pandemie steht im Fokus unseres Arbeitens selbstverständlich den Service für unsere Endkunden im gewohnten Maßstab zu erhalten. Durch eine ausgeprägte Zusammenarbeit von zentraler Schulungs- und Landes-Serviceabteilungen können viele Erfahrungen schneller miteinander geteilt und vorhandene Infrastruktur zusammen genutzt werden, so dass gut ausgebildete Mitarbeiter auch schneller beim Kunden eingesetzt werden können. Als interne Ausbildungsabteilung sind wir maßgeblich daran beteiligt, dass die Mitarbeiter in den Ländern, in denen Siemens Healthineers Medizin- und Laborprodukte vertreibt, ununterbrochen und in hoher Qualität Produkte installieren und in Betrieb nehmen können. Um dies abzusichern, benötigt ein weltweit agierendes Unternehmen wie wir ein absolut zuverlässiges IT-Rückgrat, dass die virtuelle Zusammenarbeit, Abstimmung, und auch Ausbildung ermöglicht. 

Welche konkreten Veränderungen durch die Erfahrungen der Covid-19-Pandemie sehen Sie generell im Bereich Ausbildung von Fachpersonal im Gesundheitswesen?

Dr. Thomas Borchert: Ganz allgemein, und nicht nur im Ausbildungsbereich im Gesundheitswesen, wird die Digitalisierung von Schulungen voranschreiten. Das zeigt sich ja bereits deutlich. In manchen Teilen unseres Geschäftsbereichs lief die Ausbildung bereits vor der Pandemie überwiegend virtuell. Das hat sich gesteigert und wird auch künftig ausgebaut. Es geht nun darum, dies nachhaltig zu tun, und unter Berücksichtigung der relevanten Rahmenbedingungen, wie beispielsweise Qualität der Schulung, aber auch Verfügbarkeit rund um den sogenannten Point of Work. Dies betrifft selbstverständlich unsere eigenen Mitarbeiter genauso wie alle anderen systemrelevanten Gruppen im Gesundheitswesen bei unseren Kunden. Ich erwarte daher eine vollkommen berechtigte, deutlich zunehmende Erwartungshaltung an uns, virtuell zu kollaborieren und auszubilden – da wo es Sinn macht. Als global agierendes Unternehmen können wir hier gleichzeitig unserer Verantwortung gerecht werden, unseren CO2-Fußabdruck signifikant zu reduzieren.

Wie haben sich Schwerpunkte bei den Kunden-Anfragen geändert in der Covid-19-Pandemie?

(Foto: Dr. Thomas Borchert)

Dr. Thomas Borchert: Wenn wir uns die Produkte selbst anschauen, dann verschob sich der Fokus während der Pandemie ganz klar hin zu aktuell benötigen Modalitäten, in der Labordiagnostik also Blutgasanalyse, Molekulardiagnostik und Antikörpertestung. Gleiches passierte auf der Seite der diagnostischen Bildgebung für besonders benötigte Verfahren, wie zum Beispiel die Computertomographie. Entsprechend haben wir uns eingestellt, die relevanten Schulungs- und Ausbildungsinhalte zeitnah zur Verfügung zu stellen, intern für unsere Mitarbeiter und extern für unsere Kunden. Für unsere Online-Schulungsplattform PEPconnect, mit der wir kompetenzbasiert, mehrsprachig und asynchron Ausbildungsinhalte verfügbar halten, beobachten wir eine signifikant gesteigerte Nutzung.

Wir fühlen uns deshalb darin bestätigt, dass unsere Kunden dem Thema virtuelle Schulungen aufgeschlossen gegenüberstehen, in Deutschland wie auch in vielen anderen Ländern. Schwerpunkte liegen dabei im Bereich der klinischen Grundlagen mit Corona-Bezug, der korrekten Nutzung unserer diesbezüglichen Produkte, aber auch allgemeine Gesundheitsthemen. Die Variabilität pro Land ist aber sehr breit.

Welche Aspekte sehen Sie für digitale Transformation am Point of Care als wichtig an?  

Dr. Thomas Borchert: Der Point of Care (PoC) ist ein dezentral organisierter Bereich. Entsprechend wichtig ist die mit unseren IT-Lösungen mögliche, digital unterstützte Vernetzung vor Ort bei unseren Kunden, um an mehreren Standorten, vielen Geräten und evtl. Tausenden von Benutzern qualitativ und hocheffizient arbeitsfähig zu bleiben. Digitales PoC weckt zurecht aber auch Erwartungshaltungen bei den Kunden unserer Kunden, den Patienten. Gerade in Kombination mit Digital Health Anwendungen kann und sollte PoC ein Vorreiter im Bereich Patientenerfahrung und digitales Gesundheitssystem sein und werden. In Kombination mit eingeschränkter Personalverfügbarkeit multipliziert dies die Notwendigkeit für eine sehr gute Ausbildung, sie ist nämlich im Idealfall immer und überall verfügbar, so dass unsere Kunden und Mitarbeiter unabhängig und eigenständig genau auf das benötigte Wissen und die notwendige Arbeitshilfe zeitnah zugreifen können. Die digitale Kombination all dieser Einflussgrößen wird einen sehr positiven Einfluss auf die weiter steigende Relevanz und Standardisierung im Bereich PoC haben.

RAPIDPoint® 500e Blutgasanalysesystem (Foto:Siemens Healthineers)

Ihr Smart-Remote-Service-Netzwerk ermöglicht Online-Ferndiagnosen und Softwareupdates. Welche neuen Erfahrungen konnten Sie in der Covid-19-Pandemie dazu sammeln?

Dr. Thomas Borchert: Von einer natürlicherweise aufgrund Reisebeschränkungen steigenden Nutzung in den Landesorganisationen einmal abgesehen, wurde unsere Smart-Remote-Service-Lösung (SRS), noch mehr als vor der Krise vollständig im Trainingsbetrieb als Standardtool etabliert. Damit sind unsere internen Schulungsteilnehmer in der Lage, im Rahmen einer virtuellen Schulung von ihrer Lokation aus, auf unsere Trainingsgeräte in Eschborn zuzugreifen und für ihre tägliche Arbeit mit unseren Kunden, relevante und produktspezifische Besonderheiten mit dem Tool kennenzulernen. Mittels SRS lassen sich aber nicht nur Fehler diagnostizieren, sondern wir können diese damit auch beheben. Während der Pandemie haben wir auch einige weitere digitale Tools identifiziert, die uns zukünftig helfen werden, unseren Service noch zeitgemäßer, also schneller, remote und benutzerfreundlich, unseren Kunden zu Gute kommen zu lassen.

Firmenporträt

Siemens Healthineers

Die Siemens Healthineers AG ist eines der weltweit führenden Medizintechnikunternehmen und unterstützt Gesundheitsversorger weltweit  bei dem Ausbau der Präzisionsmedizin, der Neugestaltung der Gesundheitsversorgung, der Verbesserung der Patientenerfahrung und der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Das Unternehmen beschäftigt über 50.000 Mitarbeitern in mehr als 70 Ländern. Siemens Healthineers bietet innovative Produkte und Dienstleistungen aus den Bereichen diagnostische und therapeutische Bildgebung, Labordiagnostik und molekulare Medizin sowie Angebote in den Bereichen digitale Gesundheitsservices und Krankenhausmanagement. 

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