Zwischen Entzündungsbekämpfung und Infektionskontrolle:Wie die Immunantwort im Lungengewebe gesteuert wird

Abbau abgestorbener Neutrophiler programmiert Immunzellen in der Lunge um – Studie
der Gießener Infektions- und Lungenforschung in „Science Immunology“ erschienen

Entzündungen der Lunge aufzulösen ist entscheidend, um den Gasaustausch
aufrechtzuerhalten. Wenn der Körper eine Lungenentzündung bekämpft, bewegt er sich
jedoch auf einem schmalen Grat: Denn während die Entzündung aufgelöst wird, steigt
gleichzeitig das Risiko sekundärer bakterieller Infektionen. So kann es nach einer viralen
Infektion (z.B. einer Grippe) zu schweren Verläufen durch bakterielle Infektionen kommen.

Eine Studie von Gießener Infektions- und Lungenforscherinnen und -forschern rund um
Dr. Ulrich Matt und Prof. Dr. Susanne Herold am Exzellenzcluster Cardio-Pulmonary Institute
(CPI) beschreibt nun einen bislang unbekannten Mechanismus, durch den wichtige
Immunzellen der Lunge, sogenannte alveoläre Makrophagen, ihre Funktion bei der
Immunantwort anpassen: Durch die Aufnahme abgestorbener weißer Blutkörperchen
(neutrophile Granulozyten), die zum angeborenen Immunsystem gehören und der Erstabwehr von Bakterien dienen, verändern sie ihren Stoffwechsel und nehmen eine
entzündungsauflösende Rolle ein. Diese Umprogrammierung hilft, Entzündungen in der
Lunge effizient zu beenden, geht jedoch auf Kosten der Fähigkeit, bakterielle Infektionen
wirksam zu bekämpfen.

Alveoläre Makrophagen spielen eine zentrale Rolle für das Gleichgewicht des Immunsystems
in der Lunge – sie unterstützen sowohl die Abwehr von Krankheitserregern als auch die
Wiederherstellung von Gewebe nach Entzündungen. Wie sie zwischen diesen Funktionen
wechseln, war bisher unklar. „Unsere Studie zeigt, dass die Aufnahme neutrophiler Zellen die
Aktivität der Makrophagen verändert und sie in einen entzündungsauflösenden Zustand
versetzt“, sagt Dr. Ulrich Matt, Letztautor der Studie.

„Diese Entdeckung liefert entscheidende Erkenntnisse über das Gleichgewicht zwischen Entzündungslösung und Infektionskontrolle – ein zentrales Thema bei Lungenentzündung jeder Art.“ Die Forscherinnen und Forscher setzen sich nun zum Ziel, diese Erkenntnisse zur
Weiterentwicklung von Therapien gegen schwere Lungenentzündungen zu nutzen.

Die Studie ist in der Fachzeitschrift „Science Immunology“ veröffentlicht worden.

Quelle: Justus-Liebig-Universität Gießen